„Der Verstoß“ ist kein Mafia-Sittengemälde mit Schwulen (was ziemlich langweilig wäre), es transportiert seinen Konflikt auf eine grundsätzliche Ebene. Überall dort hin, wo restriktives Regelwerk und ideologische Intoleranz die menschliche Natur deformieren.
Sprachlich überzeugend in der Diktion des Ich-Erzählers, dessen Zerrissensein sich in seinen Sätzen ausdrückt (und entsprechend gut übersetzt), schlackenlos, konzentriert, so wie Literatur sein sollte: eine handliche Bombe, die erst im Kopf denkender Leser detoniert.
-DPR, Krimikultur
Dieser kurze Roman entfaltet deshalb so viel Energie, weil zwei mächtige Kräfte gegeneinander stehen: Die heterosexuelle Konvention der katholischen, italienischen Familie, und die persönliche homosexuelle Neigung. L.R. Carrino erzählt diese bittere Geschichte schonungslos und ohne Sentimentalitäten. Hier gibt es die härtesten pornographischen Szenen seit Henry Millers „Opus Pistorum“, ein Weltzweifeln, das Georg Büchners alten, wahren Satz „Jeder Mensch ist ein Abgrund. Es schwindelt einem, wenn man hinabsieht“ bestätigt, und eine Schonungslosigkeit vom monströsen Ausmaß der HBO-Serie „The Wire „. Grandios.
-Jan Drees, Lesen mit Links, SZ-Magazin
„Der Verstoß“ ist hardboiled und hardcore in einem. Spannende Lektüre für die gay community, mag nun mancher spotten und sich gelangweilt abwenden. Das aber hieße, L.R. Carrinos Kunst zu unterschätzen, dem Leser auf packende Weise von der größten denkbaren Sünde innerhalb der Mafia und dem verzweifelten Versuch zu erzählen, gegen das unterdrückte homoerotische Verlangen aufzubegehren, gerade indem man Virilität im Extrem unter Beweis stellt – durch rohe, oft tödliche Gewalt. Giovanni und Salvatore leben „wie Maulwürfe, unter der Erde“. Und es ist kein gutes Zeichen, dass der Pate Don Antonio Farnesini seinem Sohn Giovanni eines Tages eine Passage aus Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“ zitiert. Im fünfzehnten Gesang schickt der Dichter seinen Lehrer Brunetto Latini in die Hölle – zu den „Sodomiten“, mithin zu jenen, die „wider die Natur leben“.
-Knut Cordsen, Deutschlandradio
„Der Verstoß“ heißt dieser kurze, heftige Roman von Luigi Romolo Carrino, den – wieder einmal! – Frank Nowatzki vom Berliner Pulp-Master-Label aufgespürt hat (Aus dem Italienischen von Klaudia Ladurner, Pulp Master, 2013, 124 S., 11,80 €). Über die Struktur und Geschichte der organisierten Kriminalität in Italien sind wir nicht zuletzt durch Roberto Savianos „Gomorrha“ gut informiert. Die naheliegende Frage nach der Rolle der Homosexualität innerhalb dieser Männerbünde wird dabei allerdings gerne ausgeblendet. Gleichzeitig, und darum ist dieses Buch ein doppelter Tabubruch, ist schwule Liebe im Krimi-Mainstream immer noch eine No-go-Area. Sex heißt hier fast immer Sex zwischen Männern und Frauen. Carrino dagegen schreibt cool und explizit über eine „reine Männersache“ – und über den Geschmack einer Liebe, die so „scharf ist wie der Geruch der Nacht in den Gärten der Villa Communale“. Hardboiled trifft Hardcore. Dante hätte das gefallen.
-Kolya Mensing, Tagesspiegel
Es ist nichts weniger als das Ende der Menschlichkeit, das in geschlossenen Systemen wie der Camorra propagiert und gelebt wird. L.R. Carrino führt das auf so lapidare wie erschütternde Weise vor, garniert mit finsterem, todtraurigem Humor. Keine moralische Keule, kein schmandiges Bedauern über den verwerflichen Zustand der Gesellschaft. Sondern ein Genrestück mit Biss und Verstand. Ein Kriegsbericht über die sogenannte ehrenwerte Gesellschaft, die vieles ist und besitzt – aber keine Ehre.
Brillanter Roman. Trotz oder gerade wegen seiner 79 Seiten. Martin Scorsese würde einen Film daraus machen, der länger dauert als das Lesen des Buches samt Nachwort. Dürfte spannend werden. Jemand sollte ihn mal darauf aufmerksam machen.
-Jochen König, Krimi-Couch
Eine radikale Social Beat-Novelle, die die noch längst nicht abgefrühstückte Coming-Out-Problematik ins homophobe Mafia-Milieu verlegt. Die ehrenwerte Gesellschaft kennt kein Erbarmen. Mindestens genauso wenig die unterminierte Ehefrau.
-Lars Albat, Choices
Eine drastische Kurzgeschichte über einen schwulen Mafioso, der alle Spuren seiner Sexualität verwischt. Der Verstoß ist ein kurzes, hartes Stück Literatur über eine Gesellschaft, die keine Abweichung duldet.
-Ultimo, Krimischau
Ein in der Darstellung von Gewalt und Sexualität krasses Buch, beklemmend fremdartig, wie das Denken des Ich-Erzählers auf den Show-down hin in immer gleichen vorgeprägten Bahnen routiert. Eher soziologisch interessant, wie es auch der sozio-psychologische Essay C.G. Morettis im 2. Teil des Buches untersucht: Homophobie, die in virilen Gesellschaften und strikt hierarchischen Strukturen wie der Mafia konstitutiv sind.
-Renate Stephan, ekz-Bibliotheksservice