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Rezensionen – Cracktown

Buddy G. bündelt, fokussiert Schicksale in seinen Stories, er fasst auf einer halben bis vierzig Seiten zusammen, wofür andere Autoren komplette Romane brauchen. Cash ist ein groß(artig)er New-York-Roman, gegen das zerstörerische Monster en miniature »Romeo: Von Grund auf versaut« verblasst das voluminöse Werk. Ungerechter Vergleich, ich weiß, aber Giovinazzos Lyrik der alltäglichen Apokalypse, denn nichts anderes sind die kurzen Geschichten, provoziert solche Vergleiche geradezu. Verknappung, Übertreibung sind legitime Mittel für eine Literatur, die wehtun soll. Und es gelingt Giovinazzo auch noch 2012, Sprache in etwas zu verwandeln, das schmerzt. Wem aber gehören die wenigen befriedigenden Augenblicke? Georgie, der über seinen Urinbeutel stolpert und glücklich ist, dass Sal, dem er Impotenz und Inkontinenz verdankt, von Kugeln durchsiebt wurde. Oder Chuckie, der die Liebe seines Lebens verloren hat, genauso wie seinen Job; und der es der Welt mit Freundlichkeit dankt. Weil es sonst nichts mehr gibt, was ihn am Leben halten würde. Außer die Bazooka abzufeuern… Mitfühlender Humor der ganz finsteren Sorte. Auch das hat Cracktown zu bieten. Wie »Ein ganz normaler Tag«. Ein zweiseitiges Abschlachten. Aber im Auge des gewalttätigen Orkans das wahre Anliegen: Um zwölf Uhr mittags hielt die ganze kranke Welt einen Wimpernschlag lang inne und fragte sich: Was zum Teufel geht hier ab und was soll der ganze Scheiß und was treibt die all diese Leute eigentlich in den Wahnsinn? »Diese Leute« selbst. Mitglieder einer sogenannten Zivilisation am Rande des Zusammenbruchs. Ein Kreislauf aus Drogen und Gewalt und daraus resultierender gesellschaftlicher und genetischer Disposition. Verzweiflung. Nicht das Ende, sondern der Anfang. Muss man nicht mögen, kann man eklig finden und in seiner Fixierung auf ausgelebte Gewalt, ohne sie soziologisch tiefer gehend zu begründen, als menschenverachtend ablehnen. Wäre aber bedauerlich. Denn dann entgeht einem ein radikales und wichtiges Werk der Gegenwartsliteratur.
Jochen König, Krimi-Couch

Es geht um ein heruntergekommenes, vorwiegend schwarzes US-Innenstadtviertel, dessen ohnehin unhaltbare Zustände durch die neue Droge Crack noch verschärft werden. Die Stärke des Buchs liegt in der ungerührten Konsequenz, mit der es von diesem Milieu berichtet: wie hundsmiserabel es hier den jungen Frauen ergeht, die, um sich die nächste „Rakete“ leisten zu können, den Männern zu Willen sein müssen, und wie leicht alle zum Töten bereit sind, für lächerliche Beträge und manchmal nur aus Langeweile. Das Buch weiß, wie Verrohung von innen aussieht. Es erzählt, wie eine Gang von Jugendlichen in die Wohnung eines Behinderten eindringt, ihm nicht nur die schäbigsten Wertgegenstände abnimmt, sondern anfängt, ihn mit Gabeln zu spicken und schließlich mit Abflussreiniger zu begießen, so dass er an den Verbrennungen qualvoll stirbt. „Und dabei war es erst fünf Uhr nachmittags“ – die Frage, was man mit dem angebrochenen Abend anfangen soll, also keineswegs gelöst.
-Burghardt  Müller, SZ

„Poesie der Hölle“ heißt die deutsche Ausgabe von Buddy Giovinazzos zweiten Roman „Poetry and Purgatory“ (1996). Ein Titel, der auch seinem Debüt von 1993, „Life Is Hot in Cracktown“, das Pulp Master just in einer neuen, mir sehr gelungen scheinenden Übersetzung vorgelegt hat, gut zupass käme. In sechzehn lose miteinander verknüpften Erzählungen entwirft der seit langem auch in Berlin ansässige amerikanische Filmemacher und Autor das Bild einer von Drogensucht und exzessiver Gewalt verheerten Gesellschaft, aus der es auch für die wenigen, die noch von einem „anständigen Leben“ träumen, kein Entkommen gibt. Wer in „Cracktown“, so der schlichte deutsche Titel, zur Welt kommt, ist schon verloren.
Giovinazzo erzählt vom Leben und Sterben in einem Stadtteil, für den das schöne deutsche Wort „sozialer Brennpunkt“ wie ein höhnischer Euphemismus wirkt, auf brutal-sachliche Weise. Satz für Satz manifestiert sich die Übermacht des Faktischen, und es entsteht eine Prosa von beinahe lyrischer Qualität. Und es ist eben diese Verwandlung einer schrecklichen Realität in Poesie, welche die Lektüre dieses aufregenden Buches zu einer sehr ambivalenten moralischen Erfahrung werden lässt.
-Joachim Feldmann, Culturmag

Ein radikales Buch, ein blutiges, brutales und manchmal auch ekliges Buch, aber eines, das eben so konsequent wie nur andere den ewigen Alptraum aufzeigt, den harte Drogen verursachen.
-Literaturkurier.de

Cracktown von Buddy Giovinazzo ist eine Millieustudie, die den Leser in eine Welt von Hoffnungslosigkeit und Elend führt. Die Protagonisten sind zumeist zugedröhnt und geilen sich an ihrer Brutalität auf. In der Kombination von Sex und Gewalt glauben sie sich dem Paradies näher. An der Tagesordnung stehen Vergewaltigungen und selbst vor einem Mord an der eigenen Mutter schrecken sie nicht zurück. Der Autor beschreibt äußerst brutale Szenen, die nichts für schwache Gemüter sind und gebraucht ausschließlich Begriffe wie Fotze, Muschi, Möse und Schwänze. Buddy Giovinazzo kritisiert das Leben der Reichen, die nichts vom Leben in Cracktown wissen. Sie trinken in ihrem heimeligen Zuhause guten Wein in teuren Kleidern und ihre Dröhnung ist das Fernsehen mit ihren Shows und Comedy.
-Gedankenspinner